Sonntag, 9. Oktober 2011

Wo bin ich hier eigentlich? Ein persönliches Resümee von fixed gear

Was ist Fixie bzw. Singlespeed? Kultur oder Trend? Individualität oder Hipsteraccesoire? Wen man Teil einer Szene ist, eine Sportart oder sonstige Aktivität betreibt, an der sich auch andere erfreuen, wird man sich diese Frage in ähnlicher Art wohl das ein oder andere Mal gestellt haben. In den letzten Tagen entdeckte ich zwei Dinge, die mich veranlasst haben, darüber verstärkt nachzudenken.
Das fixed gear schon längst ein Popkultur-Phänomen ist, lässt sich wohl kaum noch abstreiten. In Musikvideos, Werbespots, Modeplakaten, usw. sind sie Fixies und SSPs allgegenwärtig. Jetzt bekommt der Sport sogar eine Hauptrolle in Hollywood.




Nächstes Jahr werden wir Joseph-Gordon Lewitt als Kurier in einem Actionthriller durch New York heizen sehen, und die zweite Hauptrolle spielt – wie nicht anders zu erwarten – sein Fixie.
Ich habe schon Kommentare gehört wie „das ist der Sargnagel für die Szene“ oder „es hat Spaß gemacht, solange es gedauert hat“. Ist das nun der Tod des Sports, wie er einmal war? Geht es hierbei nur um den Sport, oder doch um viel mehr, und was macht dieses „viel mehr“ aus?
Einen weiteren Denkanstoß gab mir dieses hier:



Vorgefertigte Trendmaschienen gibt es schon länger. Auch diese, die auf der Billigschiene daher kommen und nicht mehr können, als ansatzweise chic aussehen (selbiges natürlich auch im hohen Preissegment). Ich werde ein wenig ausholen, um besser einfassen zu können, was mich an diesen Entwicklungen so beschäftigt.

Anfang 2007 habe ich begonnen, als Kurier zu arbeiten. Von Fixed Gear, SSP oder gar Rennrädern hatte ich noch keine Ahnung - ich komme aus dem Bergischen Land, daher liegen meine Anfänge beim Mountainbike. In der Kurierszene fuhr einem aber zwangsläufig das ein oder andere Fixie über den Weg (damals weniger als heute und außerhalb der Szene fast gar nicht). Zugegebenermaßen war ich zunächst ziemlich skeptisch, was die Räder mit dem starren Gang und ohne sonstiger Bremse anging. Doch dann kam eine Truppe aus dem fernen San Francisco, die mir zeigte, was alles möglich ist: Mash SF.



Ob es genau diesem Video zu verdanken war, dass die ganze Sache ins rollen kam, oder ob es sowieso an der Zeit war, dass aus der Eigenart einiger Kuriere und Puristen ein Trend wurde, ich weiß es nicht. Fest steht für mich, dass es um diese Zeit richtig los ging. Das war also aus meiner Sicht der Stand der Szene damals: Die meisten, die fixed fuhren, waren Kuriere (die anderen hatten zumindest Kontakt zu welchen). Ein für mich wichtiger Charakterzug war damals deutlicher als heute: DIY. Es gab noch keinen Markt, so wie er heute existiert, dementsprechend auch keine Kompletträder oder ähnliches. Fixies waren selbst aufgebaute Räder, also auch sehr individuell. Ich fand und finde immer noch, dass das Selbermachen einen wesentlich Teil der Sache ausmacht. Übrigens wird das meiste, was es an Tricks zu sehen gab, im Mash SF Video gezeigt, das war noch nicht viel und die Entwicklung hin zu den Fixie-BMX Kreuzungen kam erst später.
Ich finde, ein Merkmal einer Szene ist es, dass es auch bestimmte Prototypen gibt, die zwar häufig auftreten, aber eigentlich belächelt werden. Spätestens als ich dieses Bild fand, war mir klar, dass man auf dem Weg zum Mainstream ist. Und das meine ich keinesfalls nur negativ.



















Etwa zu dieser Zeit schaffte ich mir das Mercier SSP an. Wenn man so will, wurde ich nun auch so langsam Teil dieser Szene. Retrospektiv scheint es mir, als ob es von da an ziemlich rasant ging, und eine breitere Masse außerhalb der Kurierszene sich für die Sache zu interessieren begann. Ich habe den Eindruck, dass fixed gear den Leuten gezeigt hat, dass Fahrräder „Style“ und mehr als nur ein Fortbewegungsmittel oder Sportgerät sein können. Modeaccesoire oder zeigen zu können, wie viel Geld man hat, sind sicherlich die weniger rühmenswerten Funktionen, auf der anderen Seite wurde aber das Rad für viele zu einem Lebensgefühl, einem Statement. Und wie das so ist, folgt der Nachfrage der Markt: Altgediente Firmen fingen an, Bahnrahmen für die Straße zu bauen, neue fixed gear companies erschienen auf der Bildfläche. Auf einmal erzielten alte Renradrahmen auf ebay Rekordpreise, und wer einfach das Wort Fixie in der Beschreibung unterbrachte, konnte den Preis noch ein wenig pushen. Ich will dies alles keineswegs als nur negativ darstellen, diesen Sport auszuüben ist seit dem deutlich einfacher geworden, allein weil die Community größer oder auch die Auswahl an Teilen größer geworden ist. Schlimm finde ich aber, wenn die Sache ausgeschlachtet wird. Das passiert sowohl durch die Industrie, als auch die Konsumenten, natürlich nicht ständig und durch alle, aber wer sich mit dem nun beschrieben Kontext jetzt noch einmal das Werbevideo von oben anschaut, versteht wohl, was ich meine. Mir liegt es fern, nun zu sagen, wer fixed gear fahren darf, wer es benutzen darf. Einige der sinnvollsten Kommentare dazu sah ich hier:



Was ist also Fixie bzw. Singlespeed? Trend, sicher. Kultur, für die, die es ernst meinen und Individualität dann, wenn man es richtig macht. Wichtig ist mir, dass man mit Seele dabei ist, darum geht es für mich. Geld in irgendetwas stecken kann jeder, sich selbst darin einbringen ist das was es braucht. Ich warte also ab, wie es darum bei Premium Rush steht.

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